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Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen von Verfahrensbeiständen

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7183 / 19 / 10003 :002 vom 28.04.2023

Artikel 12 Nummer 2 Buchstabe d Doppelbuchstabe bb des Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 vom 21. Dezember 2020 Bundesgesetzblatt Teil Eins (BGBl. I) Seite 3096, Veröffentlichung des Bundesfinanzhof-Urteils vom 17. Juli 2019 – V R 27/17

Durch Artikel 12 Nr. 2 Buchstabe d Doppelbuchstabe bb des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) wurde zum 1. Januar 2021 in § 4 Nummer 25 Satz 3 UStG ein neuer Buchstabe d angefügt. Mit der Ergänzung werden nunmehr Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zur Wahrnehmung der Interessen minderjähriger Kinder in Kindschaftssachen, in Abstammungssachen oder in Adoptionssachen bestellt wurden, als begünstigte Einrichtungen anerkannt.

Der Gesetzgeber folgte mit der Gesetzesänderung den Grundsätzen des BFH in seinem Urteil vom 17. Juli 2019 – V R 27/17, BStBl II 2023 S. xxx, wonach an der Tätigkeit eines Verfahrensbeistands in Kindschaftssachen auf Grund der hier vorliegenden besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern ein besonderes Gemeinwohlinteresse besteht. Ein gerichtlich bestellter Verfahrensbeistand kann sich demnach auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL berufen.

Demzufolge wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in Abschnitt 4.25.2 wie folgt geändert:

  1. Nach Absatz 8 wird folgende Zwischenüberschrift eingefügt:
    „Leistungen von Verfahrensbeiständen“
  2. Absatz 9 wird wie folgt gefasst:
    „Nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe d UStG sind die von Verfahrensbeiständen erbrachten Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie von Einrichtungen erbracht werden, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Wahrnehmung der Interessen minderjähriger Kinder in Kindschaftssachen, in Abstammungssachen oder in Adoptionssachen bestellt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.2019 – V R 27/17, BStBl II 2023 S. xxx). Unter die Steuerbefreiung fallen sowohl die von freiberuflich tätigen Rechtsanwälten, Pädagogen sowie Kinder- und Jugendpsychologen erbrachten Beistandsleistungen als auch die Leistungen von Mitarbeitern von Betreuungsvereinen, die vom Familiengericht zum Verfahrensbeistand bestellt wurden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen. Bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern.“

Anwendungsregelung

Die Grundsätze dieses Schreibens auf Grundlage der Änderung in § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchstabe d UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 erbracht wurden bzw. erbracht werden.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 17. Juli 2019 – V R 27/17 sind in allen offenen Fällen für Umsätze anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2020 erbracht wurden. Für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2021 erbracht wurden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den Grundsätzen im BFH-Urteil vom 17. Juli 2019 – V R 27/17 als umsatzsteuerpflichtig behandelt hat.

Schlussbestimmung

Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen