Mit Urteil vom 4. November 2015 (Az. 9 K 3478/13 F) hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass körperschaftsteuerliche Verlustvorträge auch dann gemäß § 8c KStG entfallen, wenn Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übergehen.
Die Klägerin ist eine GmbH, an deren Stammkapital ursprünglich ein Vater zu 2/3 und sein Sohn zu 1/3 beteiligt waren. Im Jahr 2008 übertrug der Vater Anteile auf den Sohn, wodurch sich dessen Beteiligung auf 88,5 % erhöhte. Im Übertragungsvertrag wurde eine Anrechnung auf eine spätere Erbschaft ausdrücklich ausgeschlossen.
Obwohl zum 31.12.2008 bei der Klägerin ein noch nicht verbrauchter körperschaftsteuerlicher Verlust bestand, stellte das Finanzamt unter Hinweis auf die Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG keinen verbleibenden Verlustabzug fest. Die Klägerin führte hiergegen an, dass Anteilsübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nach der Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 04.07.2008) nicht unter die Verlustabzugsbeschränkung fielen. Das Finanzamt lehnte darüber hinaus einen von der Klägerin gestellten Billigkeitsantrag ab, denn der Ausschluss der Anrechnungspflicht führe dazu, dass keine vorweggenommene Erbfolge im Sinne des BMF-Schreibens vorliege.
Das Gericht wies die Klage ab. Der Wortlaut des § 8c KStG, wonach der Verlustabzug ausgeschlossen ist, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals an einen Erwerber übertragen werden, erfasse auch Übertragungen im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ergebe sich keine andere Auslegung, da lediglich Erwerbe durch Erbfall oder Erbauseinandersetzung begünstigt sein sollten. Eine Gleichbehandlung von Erbfall und vorweggenommener Erbfolge sei jedoch nicht zwingend. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei ihr Anwendungsbereich nicht auf missbräuchliche Gestaltungen beschränkt.
Die Klage hatte auch hinsichtlich des Billigkeitsantrags keinen Erfolg. Selbst wenn das BMF-Schreiben vom 04.07.2008 eine allgemeine Richtlinie für Billigkeitsmaßnahmen enthalten sollte, verstieße diese nach Auffassung des 9. Senats gegen den Vorbehalt des Gesetzes. Unabhängig davon stelle eine Schenkung ohne Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft - wie sie im Streitfall erfolgt sei - keine vorweggenommene Erbfolge im Sinne des BMF Schreibens dar.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Quelle: Finanzgericht Münster