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Vorsteuerabzug – Angabe des Leistungszeitpunkts bzw. -zeitraums in der Rechnung – BFH-Urteile vom 1. März 2018, V R 18/17, und vom 15. Oktober 2019, V R 29/19 (V R 44/16)

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 - S-7280-a / 19 / 10004 :001 vom 09.09.2021

                                                              I.

Der BFH hat mit Urteil vom 1. März 2018, V R 18/17, BStBl 2021 II, S. xxx, entschieden, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG i. V. m. § 31 Abs. 4 UStDV) unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Weiterhin hat er festgestellt, dass die Leistungsbeschreibung im Urteilsfall keinen Rückschluss auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht erlaubte und die Rechnungen daher mangels ordnungsgemäßer Leistungsbeschreibung nicht die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erfüllten.

Seine Auffassung, dass sich die Angabe des Leistungszeitraums aus dem Rechnungsdatum ergeben kann, hat der BFH nochmals mit Urteil vom 15. Oktober 2019, V R 29/19 (V R 44/16), BStBl II 2021 S. xxx, bestätigt. Gleichzeitig enthält das Urteil Ausführungen zu Rechnungen einer Person, die nach dem Willen ihrer Hintermänner einen auf ihren Namen lautenden Gewerbebetrieb vortäuscht. Danach wird diese Person auch unter Beachtung der „Strohmann-Rechtsprechung“ nicht alleine durch die Rechnungsstellung unter ihrem Namen zum Leistenden, wenn sie die von den als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB) handelnden Hintermännern geschlossenen Verträge nicht genehmigt und ihr das Handeln der Hintermänner auch nicht nach den Grundsätzen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht zugerechnet werden kann. Unter diesen Umständen ist es nicht entscheidungserheblich, ob es sich bei der nach außen auftretenden Person um einen Strohmann gehandelt hat und ob in diesem Fall das Strohmanngeschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde.

Rechnungen, die nicht den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG enthalten (ggf. nach § 31 Abs. 4 UStDV in Form des Kalendermonats), sind nicht ordnungsmäßig ausgestellt. Ein Vorsteuerabzug aus solchen Rechnungen ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen (vgl. BMF-Schreiben vom 18. September 2020, BStBl I S. 976, Rn. 9 bis 13). Den Entscheidungen zum Kalendermonat als Leistungszeitraum, der sich nach Auffassung des BFH aus dem jeweiligen Ausstellungsdatum der Rechnung ergab, lag jeweils eine Würdigung im Einzelfall zugrunde.

Umgekehrt kann dies nicht gelten, wenn nicht feststeht, dass die Daten zusammenfallen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine unmittelbar mit der Leistung zusammenfallende Rechnungsstellung nicht branchenüblich ist, vom betroffenen Rechnungsaussteller nicht immer durchgeführt wird oder bei der konkreten Leistung sonstige Zweifel an einem Zusammenfallen der Daten bestehen. Bestehen Zweifel, obliegt deren Ausräumung dem Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht (siehe auch Abschnitt 15.2a Abs. 1a und 15.11 Abs. 3 UStAE).

                                                            II.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. September 2021 – III C 2 – S-7280-a / 19 / 10001 :004 (2021/0957505), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. Abschnitt 14.5 Abs. 15 wird wie folgt geändert:

    a) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:
    2Unrichtige oder ungenaue Angaben, die eventuell auch keinen Rückschluss auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht ermöglichen, genügen diesen Anforderungen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 1. 3. 2018, V R 18/17, BStBl 2021 II S. xxx).“

    b) Die bisherigen Sätze 2 bis 9 werden die neuen Sätze 3 bis 10.
  2. Abschnitt 15.2a wird wie folgt geändert:

    a) Absatz 1a wird wie folgt geändert:

    aa) Nach Satz 7 werden folgende Sätze 8 und 9 eingefügt:

    8Der Leistungszeitpunkt kann sich im Einzelfall aus dem Rechnungsdatum ergeben, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsstellung ausgeführt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 1. 3. 2018, V R 18/17, BStBl 2021 II S. xxx, und vom 15. 10. 2019, V R 29/19 (V R 44/16), BStBl 2021 II S. xxx). 9Solche Zweifel bestehen insbesondere, wenn das Zusammenfallen von Rechnungs- und Leistungsdatum nicht branchenüblich ist, der Rechnungsaussteller eine zeitnahe Abrechnung nicht regelmäßig durchführt oder bei der konkreten Leistung sonstige Zweifel am Zusammenfallen der Daten bestehen.“

    bb) Die bisherigen Sätze 8 und 9 werden die neuen Sätze 10 und 11.

    b) Absatz 2 Satz 10 Nr. 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

    3Das gilt auch, wenn der Abrechnende bereits bei der Leistungsbewirkung unter dem fremden Namen aufgetreten ist (BFH-Urteil vom 17. 9. 1992, V R 41/89, BStBl 1993 II S. 205) oder wenn die als Rechnungsaussteller bezeichnete Person einen auf ihren Namen lautenden Gewerbebetrieb vortäuscht, ohne tatsächlich selber direkt oder über einen rechtsgeschäftlichen Vertreter zivilrechtliche Vertragsbeziehungen mit dem Leistungsempfänger zu unterhalten (vgl. BFH- Urteil vom 15. 10. 2019, V R 29/19 (V R 44/16), BStBl 2021 II S. xxx).“

    c) In Absatz 5 Satz 1 wird der Klammerzusatz wie folgt gefasst:

    „(BFH-Urteile vom 10. 11. 1994, V R 45/93, BStBl 1995 II S. 395, vom 16. 1. 2014, V R 28/13, BStBl II S. 867, vom 1. 3. 2018, V R 18/17, BStBl 2021 II S. xxx und vom 15. 10. 2019, V R 29/19 (V R 44/16), BStBl 2021 II S. xxx).“
  1. Abschnitt 15.11 Abs. 3 Satz 6 wird wie folgt gefasst:

    6Beim Fehlen der in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 und 6 UStG bezeichneten Angaben über die Menge der gelieferten Gegenstände oder den Zeitpunkt des Umsatzes bestehen keine Bedenken, wenn der Unternehmer diese Merkmale anhand der sonstigen Geschäftsunterlagen (z. B. des Lieferscheins) ergänzt oder zweifelsfrei nachweist.“

                                                            III.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF